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15.03.2016

Rückblick auf unsere Amerikareise

Wir schauen zurück. Auf 252 Tage Reisen. Auf 14 Länder. Auf über 40‘000 Kilometer. Gerne nehmen wir euch heute ein letztes Mal mit. Für einmal ist dies ein längerer Beitrag, da wir je unsere persönlichen Eindrücke erzählen.

Rückblick Josephine

Wie können wir zu unserem Planeten Sorge tragen, wenn wir nicht realisieren, dass wir ein untrennbarer, integraler Bestandteil davon sind und also alle Nachlässigkeit früher oder später auch auf uns zurückfallen wird?

NATUR PUR | Mehr als je zuvor - oder vielleicht auch als Kumulation aller vorangegangenen Reisen - wurde mir der Reichtum der Natur bewusst. Dass Natur heute vor allem als Ressource betrachtet wird, die einem mit Brennstoffen und Ingredienzen für alle möglichen technischen Geräte versorgen, lässt einen zuweilen vergessen, dass wir selber Natur SIND. Wir leben primär weder in noch von der Natur, wir SIND Natur. Dass wir dieses Bewusstsein verloren haben, beunruhigt mich. Wie können wir zu unserem Planeten Sorge tragen, wenn wir nicht realisieren, dass wir ein untrennbarer, integraler Bestandteil davon sind und also alle Nachlässigkeit früher oder später auch auf uns zurückfallen wird? Die Natur ist eine gute Erinnerungsstütze dafür, in welchen Zeitdimensionen unser Heimatplanet rechnet. Unser kurzfristiges menschliches Denken, das sich in Ferienwochen, Amtszeiten, Zugstrecken, oder allerhöchstens noch Hauskreditabzahlung rechnet, kommt beim Vergleich mit der Natur in arge Atemnot. In der Natur entfaltet sich eine Zeitdimension, die einem im kleinschweizerischen Alltag allzu oft einfach abhanden zu kommen scheint. Die Jahresringe im Baum, der stete Wechsel von Jahreszeiten, das perfekte Zusammenspiel des Ökosystems - der Inbegriff von Nachhaltigkeit. Die Natur stresst nicht, die Natur geizt nicht und schlägt nicht über die Stränge. Wie konnten wir Menschen uns nur so weit weg vom Natürlichen bewegen?

So haben mich viele Momente in der Natur voll Ehrfurcht zurückgelassen. Die Zeit stand still, als wir die Bärenmutter mit den knuffigen kleinen Bärchen im Strassengraben beobachteten, so wild, so unberührt, dass mir die Tränen kamen. 10‘000 Km später die selben Emotionen, als mitten im Karibischen Meer unter unserem Segelboot im Dunkeln lautlose Mantas auftauchten, diese geheimnisvolle Geschöpfe, die einem unbekannten Rhythmus folgend durchs Wasser glitten. Gleichsam stand unser Atem still bei vielen unbeschreiblichen Sonnenunter- und aufgängen und im warmen und doch unendlich klaren Licht der hohen Anden. Die Realisation, dass Natur nicht planbar ist: Auf den ersten Kanadischen Elch haben wir lange gewartet und dann tauchte er ganz überraschend auf. Auf eine Whalewatching-tour haben wir verzichtet, weil uns das zu gekünstelt schien - und nur wenige Wochen später konnten wir massenhaft Wale auf ihrem natürlichen Weg in den Norden beobachten. Das viele Zelten, auch gerade in der Wildnis, hat mich richtig gehend in seinen Bann gezogen. Diese Freiheit, einfach irgendwo sein Zelt aufschlagen zu können! Noch vor wenigen Jahren wäre ich mit dem Gefühl, nicht zu wissen wo man am Abend schlafen wird, nicht zurechtgekommen - und nun könnte ich mir nichts Schöneres vorstellen. Es sind diese kleinen Dinge, die mich realisieren lassen, dass mich das Reisen - oder vielleicht auch einfach: die Zeit - tatsächlich verändert. Und das ist gut so.

VERSTÄNDIGUNG | Mit dem Spanischen als Sprache verband mich in all dem immer eine Hassliebe. In Mexiko ankommend realisierten wir erstmals, wie wenig wir wirklich sprechen konnten - was heisst Tankstelle, was heisst Zimmer, wie konjugiert man trinken? Ich musste merken, dass das, wovon ich dachte, man könne es „dann schon irgendwie vom Italienischen ableiten“ nur im Verständnis anwendbar war. Für den Rest brauchte es schon etwas mehr Disziplin und Vokabellernen. Dass dies ganz gut gelungen ist zeigte unser Projektbesuch in Peru, wo wir überrascht waren, wie problemlos wir uns mittlerweile verständigen können. Und doch, die Sprache ist mir nie ins Herz gestiegen, es war mehr Mittel zum Zweck als ein feiner Freund wie das andere Fremdsprachen sind.

DAS MOTORRAD | Wir sind viele Kilometer gefahren in der kurzen Zeit - zu viele vielleicht, im Rückblick. Ob es mir denn nie langweilig geworden sei auf dem Rücksitz, wurde ich des Öfteren gefragt. Und tatsächlich war dies nie der Fall. Auf schwierigen Strecken war auch meine Aufmerksamkeit vollständig auf die Strasse und falls vorhanden auf den Verkehr gerichtet. Bei einfacheren Verhältnissen schweiften meine Gedanken dann schon mal ab, mal plätschernd und intensiv, mal ruhig und beständig wie ein breiter Strom. Auch auf dieser Reise hat sich das Motorrad als ideales Fortbewegungsmittel erwiesen. Und das, obwohl ich nach wie vor eigentlich kein grosser Motorradfan bin. Das klingt vielleicht nach zwei so grossen Reisen etwas komisch, ist aber so.

DANK | Das vorherrschende Gefühl nach unserer Rückkehr ist eine grosse Dankbarkeit. Für all das Erlebte, Gesehene und dafür, dass wir die über 40‘000 Km unfallfrei fahren durften. Dankbarkeit auch dafür, dass wir als Paar eine so ähnliche Reisephilosophie haben und darum jeden Moment zusammen geniessen konnten. Herzlich danken wir auch euch zu Hause. Für alle Unterstützung, liebe Mails, SMS und andere Nachrichten, fürs Post-Empfangen, für technischen Support – vielen Dank!

Rückblick Simon

Für mich war eine Reise durch Amerika ganz zuoberst auf meiner Reiseprioritätsliste. Noch vor Asien war Amerika der Grund, warum ich lernte, Motorrad zu fahren. Die Weiten Nordamerikas, das Land Pancho Villas, oder auch Mexico genannt, den Dschungel von Zentralamerika und die Anden in Südamerika: Spannender und abwechslungsreicher kann es ja gar nicht mehr kommen. Auch eignet sich diese Route meiner Ansicht nach bestens für Überlandreisende. In Asien mussten wir zweimal unser Motorrad in den Container packen und hatten eine grosse mehrstündige Überfahrt mit der Fähre. Auf der Amerikareise ist einzig der Dschungel von Darien an der Grenze von Panama nach Kolumbien unüberbrückbar. Die Stahlratte wartete aber da bereits auf uns und ist heute in Retroperspektive ein Highlight der gesamten Reise. Zusammenhängende Strassen sind das eine, die Grenzen zwischen den Ländern das andere. Unüberwindbar war keine davon, nur viel Zeit und Geduld brauchte es schon, ein kleiner Preis.

Die Sicherheitslage war für mich im Vorfeld ein Thema, das mich sehr beschäftigt hat.

Die Sicherheitslage war für mich im Vorfeld ein Thema, das mich sehr beschäftigt hat. In den Schweizer Nachrichten liest man immer wieder über den Quasibürgerkrieg in Mexico. Wenn die Länder Guatemala und Honduras einmal in den Zeitungen erwähnt werden, dann auch nur im negativen Licht. Klar, Statistiken lügen nicht, aber sie erzählen auch nicht die ganze Wahrheit. Die Mordrate pro 100‘000 gehört in den besagten Ländern weltweit zu den höchsten, unter den 30 Ländern mit der grössten Mordrate, waren wir in fünf. Klar, das sind nur Zahlen, vor Ort merkt man davon aber nur am Rande etwas. Der Drogenkrieg von den USA aus angefacht fordert aber hier die meisten Opfer in dieser Statistik. Doch wie gesagt, vor Ort merkt man davon nur wenig. Die allgegenwärtigen Sicherheitskräfte sind einziges Indiz der sozialen Unruhen im Untergrund. Als Tourist würde man nur als Konsument oder Dealer von Drogen auch zur Zielscheibe. Nach Einbruch der Dunkelheit in den Aussenbezirken der Städte, das waren die einzigen Orte und Situationen, wo wir uns nicht mehr sicher fühlten. Problematisch ist hier auch, wie früh am Abend es dunkel wird, häufig schon um 19:00. Aber alles ging gut. Das einzige Mal wo uns auf dieser Reise etwas gestohlen wurde, war in Victoria, Kanada. Diese Tatsache ist nicht ganz ohne Ironie und relativiert die Zahlen wunderschön.

Für mich als politisch interessierter (ewiger) Student der Zeitgeschichte, hier im Sinne dass man nie ausgelernt hat, bot diese Reise auch etliche Anknüpfungspunkte, um meinen geschichtlichen Horizont zu erweitern. Argentinien, das als eines der wenigen Ländern einseitig einen Staatsbankrott ausgerufen hat, Chiles Diktatur, welche erst vor 25 Jahren endete und allgemein die Einflussnahme der USA und deren Auswirkungen auf all diese Länder waren für mich spannend zu analysieren. Ursprünge und Auswirkungen des heutigen, mit unglaublicher Brutalität geführten Drogenkrieges zu analysieren, führte bei mir zu einem breiteren Verständnis von ganz Amerika.

Unsere Transalp, das Reisemittel der Wahl, das Reisemittel der Exzellenz, das Reisemittel der Eleganz, oftmals getestet, niemals versagend, immer gut gelaunt unter schlechten, so wie idealen Bedingungen. Oder kurz: Transalp (sicher die der älteren Generationen) kann ich hier bedingungslos empfehlen. Auf so einer Motorradreise kommt es aber natürlich nicht nur auf das Motorrad selbst drauf an, auch das Gepäcksystem, Kleidung und Schuhe sind notwendige Bestandteile für das Gelingen so einer Reise. Auch sind diese Dinge anfällig für Defekte, als wir in Bolivien mal aus dem Stand umgekippt sind, brach prompt eine Halterung des Seitenkoffers.

Abschliessen möchte ich hier mit unserem Zelt. Treuer Begleiter, immer wieder unser Zuhause, bot unsere Casita zuverlässig Schutz vor den Witterungen der Launen des Wetters und uns ein idealer Rückzugsort und Flexibilität für unterwegs. Ob auf einem Bergrücken, im Wald, in der Wüste neben einer Sanddüne, irgendwo in der Pampa, im Regen oder bei Sonnenschein: Unser Zelt hat es gesehen. So auch wir: Dieser Erfahrungsschatz, das Verständnis für unsere globale Zusammenhänge dieser Welt und all die schönen unvergesslichen Erinnerungen werden immer Bestandteil unseres Lebens bleiben.

Looking back...on our Journey through the Americas

We look back. On 252 days of travel. In 14 countries. Over 40,000 kilometers. We are happy to take you one last time with us today. For once this is a longer post as we each tell our personal impressions.

Joséphine looks back

How can we take care of our planet if we don't realize that we are an inseparable, integral part of it and that sooner or later all negligence will fall back on us?

PURE NATURE | More than ever before - or perhaps as a cumulation of all previous trips - I became aware of the richness of nature. The fact that nature today is primarily seen as a resource that provides fuel and ingredients for all kinds of technical devices sometimes makes one forget that we ARE nature ourselves. We primarily live neither in nor from nature, we ARE nature. I am concerned that we have lost this consciousness. How can we take care of our planet if we don't realize that we are an inseparable, integral part of it and that sooner or later all negligence will fall back on us? Nature is a good reminder of the time dimensions in which our home planet calculates. Our short-term human thinking, which counts vacation weeks, office terms, train routes, or at the very most, house loan repayments, comes into great difficulty when compared with nature. A dimension of time unfolds in nature that all too often seems to simply get lost in everyday life in small Switzerland. The annual rings in the tree, the constant change of seasons, the perfect interplay of the ecosystem - the epitome of sustainability. Nature does not stress, nature is not stingy and does not go overboard. How could we humans move so far from that natural lifestyle?

So many moments in nature have left me in awe. Time stood still when we watched the mother bear with the cute little bears in the ditch, so wild, so untouched that I had tears in my eyes. 10,000 km later the same emotions when silent stingrays appeared in the dark under our sailing boat in the middle of the Caribbean Sea, these mysterious creatures that glided through the water following their own unknown rhythm. As it were, our breath stood still during many indescribable sunsets and rises and in the warm and yet infinitely clear light of the high Andes. The realization that nature cannot be planned: We waited a long time for the first Canadian moose and then it turned up quite surprisingly. We decided not to go on a whale watching tour because it seemed too artificial to us - and only a few weeks later we were able to watch whales en masse on their natural route to the north. The amount of camping, especially in the wilderness, really put me under its spell. The freedom to just pitch our tent anywhere ...! Just a few years ago I would not have been able to cope with the feeling of not knowing where to sleep in the evening - and now I couldn't imagine anything better. It's these little things that make me realize that traveling - or maybe just: time - is actually changing me. And that is a good thing.

COMMUNICATION | With Spanish as a language, I always had a love-hate relationship in all of this. When we arrived in Mexico we realized for the first time how little we could really speak – how do you say «gas station», what does «room» mean, how do you conjugate «to drink»? I had to notice that what I thought one could "somehow derive from Italian" was only applicable in understanding. The rest of the work required a little more discipline and vocabulary learning. Our project visit to Peru, where we were surprised at how easily we can now communicate, showed that this was successful. And yet, the language never rose to my heart, it was more a means to an end than a close friend like other foreign languages are for me.

THE MOTORCYCLE | We drove many kilometers in a short time - maybe too many, in retrospect. I was often asked whether I was never bored in the back seat. Indeed, this has never been the case. On difficult stretches, my attention was completely focused on the road and, if available, on the traffic. In simpler conditions, my thoughts sometimes wandered, sometimes bubbling and intense, sometimes calm and steady like a broad stream. On this trip, too, the motorcycle proved to be the ideal means of transportation. And that even though I'm still not really a big motorcycle fan. That may sound a bit strange after two such long trips, but it is true.

THANKS | The prevailing feeling after our return is a great gratitude. For everything we have experienced, seen and for the fact that we were able to drive the over 40,000 km accident-free. I am also grateful that we as a couple have such a similar travel philosophy and that we were therefore able to enjoy every moment together. Thank you very much everyone at home: For all your support, dear emails, SMS and other messages, for receiving mail, for technical support - thank you very much!

Simon looks back

For me, a trip to America was at the top of my travel priority list. Even before Asia, America was the reason why I learned to ride a motorcycle. The vastness of North America, the country of Pancho Villas, also known as Mexico, the jungle of Central America and the Andes in South America: it couldn't get more exciting and varied. In my opinion, this route is also ideal for overland travelers. In Asia we had to pack our motorcycle in the container twice and had a long ferry crossing that lasted several hours. On the America trip, only the jungle of Darien on the border from Panama to Colombia is unbridgeable. The "Stahlratte" was already waiting for us and today is a highlight of the entire trip from a retro perspective. Connected roads are one thing, the borders between countries are another. None of them was insurmountable, it just took a lot of time and patience, a small price.

For me, the security situation was a topic that preoccupied me a lot.

For me, the security situation was a topic that preoccupied me a lot. In the Swiss news you read again and again about the quasi-civil war in Mexico. If Guatemala and Honduras are mentioned in the newspapers, then only in a negative light. Sure, statistics don't lie, but they don't tell the whole truth either. The murder rate per 100,000 in these countries is among the highest in the world; of the 30 countries with the highest murder rate, we were in five. Sure, but these are only numbers, and on site, you only notice a little bit of that. The drug war, fueled by the USA, claims the most victims in this statistic. But as I said, you hardly notice it on site. The ubiquitous security forces are the only indication of the social unrest in the underground. As a tourist you would only be a target as a drug user or dealer. After dark on the outskirts of the cities, those were the only places and situations where we no longer felt safe. Another problem here is how early in the evening it gets dark, often at 7:00 p.m. But everything went well. The only time something was stolen from us on this trip was in Victoria, Canada. This fact is not entirely without irony and puts the numbers into perspective beautifully.

For me as a politically interested (eternal) student of contemporary history, here meant in the sense that I never stop learning, this trip also offered a number of starting points to broaden my historical horizon. Argentina, which was one of the few countries to unilaterally declare national bankruptcy, Chile's dictatorship, which only ended 25 years ago, and generally the influence of the USA and its effects on all these countries were exciting for me to analyze. Analyzing the origins and effects of today's brutal drug war led me to a broader understanding of all of America.

Our Transalp, the means of travel of choice, the means of travel of excellence, the means of travel of elegance, often tested, never failing, always in a good mood under both bad and ideal conditions. Or in short: I can unconditionally recommend Transalp (certainly those of the older generations). On a motorcycle trip like this, of course, it's not just about the motorcycle itself, the luggage system, clothing and shoes are also necessary components for a successful trip. These things are also prone to defects, for example when we fell over in Bolivia and a bracket on the side case broke.

I would like to finish here with our tent. Faithful companion, always our home, our «casita» offered reliable protection from the elements and the whims of the weather and was an ideal retreat for us. Whether on a mountain ridge, in the forest, in the desert next to a sand dune, somewhere in the pampas, in the rain or in the sunshine: our tent saw it. So did we: This wealth of experience, the understanding of our global interrelationships in this world and all the beautiful, unforgettable memories will always remain part of our lives.

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252 Tage unterwegs in 14 Ländern, total 41’321 km. Durchschnittlich fuhren wir 142 km pro Tag.
252 Nächte: 43% im Zelt, 43% im Hostel, Hotel oder Apartement, 14% bei Freunden (inkl. Couchsurfing).
Durchschnittlich haben wir pro Person knapp CHF 8.- pro Nacht ausgegeben.
252 days on the road in 14 countries, a total of 41,321 km. On average we drove 142 km per day. 252 nights: 43% in a tent, 43% in a hostel, hotel or apartment, 14% with friends (including couchsurfing). On average, we spent just under CHF 8 per person per night.
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