28.11.2015
Wir stossen ins Herz von Peru vor: Im zentralen Hochland geniessen wir den Weitblick über die Hochebenen, gruseln uns auf den schmalen Strassen tief über den Schluchten, fahren über 4‘000 Meter hohe Pässe hoch und rollen auf der anderen Seite wieder herunter. Einzige Konstante ist unsere Casita - spanisches Kosewort für Haus, erteilt von einer Peruanischen Bäuerin für unser Zelt.
Etwa 600km weit ist es von Huanuco nach Cusco, Luftlinie gemessen. Auf der Strasse beträgt die Distanz über 1‘200km. Zwischen einzelnen Städten beträgt der Unterschied sogar mehr als das Dreifache. Von Huanuco führt uns der Weg zuerst wieder zurück, wie wir schon gekommen sind, in die Hochebene von Junin. Den See umfahren wir diesmal von seiner westlichen Seite auf einer schönen Schotterstrasse. Sie führt uns durch kleine Bauerndörfer, vorbei an sich im See taumelnden Flamingos, vorbei an Lama-, Schaf- und Kuhherden, in der Ferne blitzen immer wieder die mit ewigem Eis bedeckten Gipfel durch. Hier in der Mitte dieser Abgelegenheit und Naturschönheit erleben wir mal wieder so eine zufällige Begegnung, wie man sie nur als Überlandreisende erlebt: Wir treffen auf zwei Fahrradreisende, die unabhängig von einander sich ebenfalls kurz vorher an besagtem Hügel Gras getroffen haben. Beide ebenfalls schon lange unterwegs, haben wir sofort einiges zu erzählen bevor wir wieder getrennte Wege, resp. mit getrennten Geschwindigkeiten weiterreisen. Wer hätte das gedacht.
Die erste Nacht unterwegs verbringen wir auf über 4‘000m auf einem Hügel mit spektakulärer Aussicht. Rollende Hügelketten, schroffe Felsspitzen und Sicht von Horizont bis Horizont. Die Nacht wird kalt, die Sonne am Morgen eine willkommene Erlösung. Wir kriechen aus unserer Casita heraus und können die Schönheit der Natur noch weniger fassen als am Abend zuvor. Die nächste grössere Stadt heisst Huancayo, wir umfahren sie so gut wie möglich.
Als nächst fahren wir runter in die Schlucht des Flusses Mantaro. Der bisher komfortablen Strassensituation können wir nun auf Wiedersehen sagen und schon schlängeln wir uns durch die etwa 150km lange Schlucht auf einer meist einspurigen Strasse. Trampolin de la Muerte, erinnert ihr euch noch? Die spektakuläre Schotterstrasse im Süden von Kolumbien mit steilen Klippen? Diese Schlucht ist noch mal eine Stufe extremer: Zwar bis auf einige kurze Abschnitte geteerte Strasse, sind die Abhänge noch eine Stufe steiler und vorallem tiefer. Leitplanken? Fehlanzeige! Brücken? Wozu auch, wenn man auch durch den Bach fahren kann! Gegenverkehr? Klar, und zwar anständige Sattelschlepper! Erdrutsche, bröckelnder Strassenrand in den Abgrund, aber die Belohnung ist gross! Die Natur verändert sich wieder in Wüste, kleine Dörfer säumen sporadisch den Strassenrand, wo das Tal ein wenig breiter wird, die dominierenden Farben wechseln sich ab zwischen Weiss, Orange bis zu einem schon fast Weinrot und manchmal tief unten, manchmal ganz nah, immer der Fluss Mantaro. Tief Türkis wenn sich das Wasser in einem Becken sammelt, wild und schäumend weiss in steileren Abschnitten, seine Schönheit auf jeden Fall unbestritten. Wir stellen unser Zelt am Flussrand auf einer kleinen Anhöhe auf. Am nächsten Tag erreichen wir unfallfrei das Ende der Schlucht, das Tal wird breiter und die neue Strasse erreicht uns von der anderen Seite. Nur eine kurze Freude als wir realisieren, dass die neue Strasse nicht dort durch geht, wo wir hinwollen. Um ins nächste Städtchen zu gelangen, müssen wir einen steilen unbefestigten Pfad hoch in die Hügel. Auf den letzten 100km haben wir somit alles an Strassen gesehen, was dieses Land zu bieten hat: Eng und gefährlich, super neu und breit mit Überholspur und quasi nicht existierend. Unsere Transalp kann alles!
Ayacucho ist die nächstgrössere Stadt und wir realisieren, wie Peruanisch doch Peru ist. Die in anderen Ländern in unterschiedlichen Abfärbungen immer wieder durchdringende westliche Kultur ist hier quasi nicht existent. Uns gefällt es, obwohl wir uns doch langsam nach einem guten Kaffee und einer warmen Dusche sehnen. Als nächstes geht es wieder hoch hinaus und die dritte Nacht in Folge im Zelt verbringen wir wieder in luftigen 4‘200 Metern über Meer auf einer dieser besagten schönen Hochebenen. Nächstentags geht es wieder runter ins Tal von Andahuaylas, nur um anschliessend wieder hochzusteigen über die Waldgrenze, die hier bei etwa 3‘800m liegt. Dort übernachten wir wohl mit der bisher spektakulärsten Aussicht von Peru: Die verschneiten Gipfel scheinen in Griffweite, die unter uns liegenden Wolken überkochen in regelmässigen Abständen und umhüllen uns mit ihrem feuchten Mantel. In der Nacht regnet es zum ersten mal auf diesem Abschnitt ausgiebig, bei Sonnenaufgang werden wir mit einer praktisch klaren wolkenlosen Sicht auf die Bergspitzen belohnt.
Anschliessend geht es - jawohl ihr habt richtig geraten - wieder tief hinunter in die Schlucht des Apurimac, der Peruanische Name für den Amazonas. Fasziniert überqueren wir auf einer eleganten Hängebrücke diesen hier durchschnittlich gross scheinenden Fluss. Etwa 5‘500km weiter, bei seiner Mündung, führt dieser Fluss, der grösste der Welt, im Durchschnitt mehr Wasser, als die sieben darauf folgenden grössten Flüsse. Im Tal eines Nebenflusses führt uns der Weg dann auch wieder in die Hochebene von Cusco. Zelten in Peru macht Spass: Erstens gibt es über 4‘000m praktisch keine Häuser mehr, zweitens sind die peruanischen Bauern zwar auf den ersten Blick neugierig, lassen einem aber dann doch schnell wieder in Ruhe und drittens haben wir hier ausserhalb der grösseren Städte nie Bedenken mit der Sicherheit. All dies erlaubt uns, unsere bereits häufig praktizierte Tätigkeit des Plätzlisuchens weiter zu perfektionieren, was uns in den vergangenen vier Nächte hervorragend gelungen ist.
Schliessen wollen wir hier mit zwei weiteren trivialen Fakten: Auf dem hier beschriebenen Streckenabschnitt haben wir 41‘000m Höhenunterschied erfahren (hoch und runter), der Mount Everest, der höchste Berg der Welt ist 8‘848 Meter hoch.
We venture into the heart of Peru: In the central highlands we enjoy the view over the plateaus, shudder from fear on the narrow streets deep above the gorges, drive up over 4,000 meter high passes and roll down again on the other side. The only constant is our casita - Spanish endearing word for house, given by a Peruvian farmer for our tent.
It is about 600km from Huanuco to Cusco, if you measure it as the crow flies. On the road though, the distance is over 1,200 km. The difference between individual cities is even more than three times further. From Huanuco, the path first leads us back, on the way we first came, to the Junin plateau. This time we drive around the lake from its western side on a beautiful gravel road. It leads us through small farming villages, past flamingos tumbling in the lake, past herds of llama, sheep and cows, in the distance the white peaks covered with eternal ice flash up. Here, in the midst of this remoteness and natural beauty, we experience another encounter that can only be happen to overland travelers: We meet two independant bicycle travelers who also just met each other shortly before on the aforementioned hill of grass. Both have also been on the road for a long time, we immediately have a lot to tell each other before we go our separate ways or, shall we say, continue traveling at separate speeds.
We spend the first night at over 4,000m on a hill with a spectacular view. Rolling hills, rugged rock peaks and undisctructed views from horizon to horizon. The night becomes cold, the morning sun a welcome relief. We crawl out of our casita and can hardly believe our eyes: the beauty of nature is even more impressive than the evening before. The next bigger city is called Huancayo, we avoid it as much as possible.
The next thing we do is drive down into the gorge of the Mantaro River. We can now say goodbye to the previously comfortable road situation and meander through the 150km long gorge on a mostly single-lane road. Trampolin de la Muerte, do you still remember? The spectacular gravel road in the south of Colombia with steep cliffs? This gorge is one step more extreme: Although the road is paved except for a few short sections, the slopes are one step steeper and above all deeper. Guard rails? None! Bridges? What good are they if you can also drive through the stream! Oncoming traffic? Sure, huge semi-trailers! Landslides, crumbling roadside into the abyss - but the reward is great! Nature changes again into desert, small villages sporadically line the roadside, where the valley becomes a little wider, the dominant colors alternate between white, orange to an almost wine-red and sometimes deep down, sometimes very close, there is always the Mantaro river. Deep turquoise when the water is collected in a basin, wild and foaming white in steeper sections, its beauty is definitely undisputed. We set up our tent on the edge of the river on a small hill. The next day we reach the end of the gorge without an accident, the valley widens and the new road reaches us from the other side. It is just a short joy though, and we realize that the new road doesn't go where we want to go. To get to the next town, we have to take a steep, unpaved path up into the hills. During the last 100km we have seen all kinds of roads that this country has to offer: Narrow and dangerous, super new and wide with a fast lane, and almost nonexistent. Our Transalp can do everything!
Ayacucho is the next bigger city and we realize how truly «Peruvian» Peru is. The Western culture, which is constantly pervading in different colors in other countries, is virtually nonexistent here. We like it, although we are slowly longing for a good coffee and a warm shower. Next, we go up high again and the third night in a row in the tent we spend again at an airy 4,200 meters above sea level on one of these beautiful plateaus. The next day it goes back down into the valley of Andahuaylas, only to then climb again over the tree line, which is here at about 3,800m. We spend the night there with the most spectacular view of Peru so far: The snow-covered peaks seem within reach, the clouds below boil over at regular intervals and envelop us with their mist. During the night it rains extensively for the first time on this section, at sunrise we are rewarded with a practically clear cloudless view of the mountain peaks.
Then it goes - yes, you guessed right - deep down again into the gorge of the Apurimac, the Peruvian name for the Amazon. Fascinated, we cross this seemingly average river on an elegant suspension bridge. About 5,500 km further downstream, at its mouth, this river, the largest in the world, carries on average more water than the seven largest rivers that follow. In the valley of a tributary, the path then leads us back to the plateau of Cusco. Camping in Peru is fun: Firstly, there are practically no houses in this height of over 4,000m, secondly, the Peruvian farmers are curious at first glance, but then never disturb you and thirdly, outside of the larger cities, we never have any concerns with security. All of this allows us to perfect our already often practiced skill of seaching for the perfect camping spots, with which we reached excellent results in the past four nights.
We want to close this blogpost with two more trivial facts: On the section of the route described here, we experienced an overall altitude difference of 41,000m (up and down), Mount Everest, the highest mountain in the world, is 8,848 meters high.