20.10.2012
Vom Süden Richtung Norden von Laos gibt es die Route 13. Diese ist gut ausgebaut, bequem zu fahren, jedoch landschaftlich nicht so reizvoll. Weiter im Landesinnern gibt es noch die Route 23. Diese ist jedoch problematisch und sie beschert uns ein richtiges Dschungel Abenteuer.
Früh am Dienstagmorgen machen wir uns auf ins Abenteuer. Der erste Teil der Strasse ist relativ gut unterhalten, einige Schlaglöcher, Staub, doch nicht weiter schlimm. Auf unserer Karte ist über dem Fluss keine Brücke eingezeichnet, darum sind wir gespannt, was wir dort antreffen werden: Schlimmstenfalls müssten wir wieder umkehren. Und tatsächlich: Als wir an der betreffenden Stelle ankommen, sehen wir zwar eine Brücke, doch nur bis zur Hälfte. Man sieht, dass sich dies auch nicht so schnell ändern wird. Eine kleine Fähre bringt uns schlussendlich ans andere Ufer. Unser Motorrad bekommt dabei mal wieder eine grosse Portion Aufmerksamkeit zwischen all den Scootern, mit denen die Menschen hier praktisch überall hinfahren. Bepackt mit Kind und Kegel, Säcken und Taschen über Stock und Stein. Der Vorteil an den kleinen Scootern ist, dass sie so leicht sind… darauf werden wir in den nächsten Stunden noch ein paar Mal neidisch sein. Aber mehr dazu später.
Vorerst machen wir Bekanntschaft mit ersten Pfützen, welche jedoch – solange sie nicht allzu gross und schlammig sind – kein Problem darstellen. Dazu kommen schmale, geländerlose Brücken, welche einiges an Konzentration verlangen. Joséphine hat es da gut hinten drauf und zählt die Brücken: bis am Ende des Tages sind es 25 solche Brücken, die wir überquert haben.
Auf diesen Strassen müssen wir die Geschwindigkeit stark zurücknehmen. 10-25km/h, mehr liegt nicht drin. Etwa um die Mittagszeit passieren wir das letzte grössere Dorf, danach siedeln nur noch wenige Häuser im nun immer dichter werdenden Urwald. Dementsprechend verschlechtern sich auch die Strassenverhältnisse. Nun müssen ganze Schlammrinnen überquert werden, grosse Pfützen, kleine Flussläufe, steinige Abhänge. Einige Male kippt uns das Motorrad um. Dieses inklusive allem Gepäck wieder aufzustellen, ist schon etwas mühsam. Am Nachmittag gestehen wir uns ein, dass wir es mit dieser Geschwindigkeit und den zum Teil fast unüberwindbaren Strassenabschnitten nicht bis zum Sonnenuntergang aus dem Urwald schaffen werden. Wir haben es unterschätzt. Umkehren ist nun keine Option mehr, das würde etwa gleich viel Zeit in Anspruch nehmen. Also der Entschluss, bis zum nächsten Haus zu fahren und um Hilfe fragen. Vielleicht können wir dort unser Zelt aufstellen?
Ein weit grösseres Problem kommt uns jedoch zuvor: In einer riesigen schlammigen Pfütze bleiben wir stecken. Alles Ziehen, Zerren, mit Holz unterlegen, nützt nichts. Die Transalp steckt fest, und zwar so richtig. Wann haben wir das letzte Haus passiert? Wir entscheiden uns, ein paar wichtige Sachen zusammenzupacken und zu Fuss nach jemandem zu suchen, der uns helfen könnte, mit der Hoffnung, dass unser Motorrad bis dahin nicht vollständig im stinkenden Schlamm verschwunden sein wird. Nach nur etwa 10min Fussmarsch sehen wir einen Zaun und hören Kühe und Hühner. Als wir uns jedoch dem Haus nähern, werden wir von einem grellen Schreien zurückgehalten, welches aus dem Innern des Hauses kommt. Ein Mädchen starrt einen Augenblick lang völlig entsetzt aus dem Fenster, danach ist es ruhig. Offensichtlich hat sie noch nie einen „Falang“ (= Fremden) wie uns gesehen… wir entscheiden, nicht noch näher zu gehen, sondern uns an jemand anderen zu wenden.
Am anderen Ende des Zaunes empfängt uns eine lachende Frau. Sie hat die Schreie gehört und spricht freundlich auf Lao mit uns. Mit Zeichensprache und in den Sand zeichnend, versuchen wir ihr unsere Situation zu erklären. Doch wir scheinen aneinander vorbeizureden. Schlussendlich bitten wir sie mit unserem spärlichen Lao um etwas Wasser, damit wir noch weitergehen können. Mit frisch gefüllter Wasserflasche machen wir uns erneut auf. Die Sonne geht schon fast unter.
Weiter vorne am Zaun treffen wir schliesslich einen alten Mann, der seine Wasserbüffel nach Hause treibt. Er hat wohl unser Motorrad unterwegs gesehen, darum versteht er uns sofort. Er heisst uns, mitzukommen, für einen Schlafplatz und etwas zu essen. Unterwegs begegnet uns ein Jugendlicher mit seinem Scooter, der im Wald Vögel schiessen will. Nach kurzem Beraten nimmt er Simon mit, um ihm beim Herausziehen des Motorrades zu helfen. Joséphine folgt weiterhin dem Bauern, der mit lautem Rufen seine Büffel beieinander hält. Bei Einbruch der Dunkelheit wird Joséphine schliesslich von einer lieben Lao-Familie willkommen geheissen. Im einfachen Haus auf Stelzen gibt es feinen Klebereis mit Fischsauce. Währenddessen ist Simon mit mittlerweile 3 Jugendlichen, wovon 2 noch auf dem Weg dazugestossen sind, bei der Transalp angekommen. Mit vereinten Kräften ist das Motorrad schnell aus dem Schlamm herausgezogen und das Gepäck wieder gesattelt. Im Dunkeln fährt die Gruppe zurück, was dank der Ortskenntnisse der Jungen mit nur wenigen Problemen auch gelingt. Etwa um 20 Uhr, als es bereits stockdunkel ist, erreicht auch Simon das Haus. Eine riesige Dankbarkeit erfüllt uns, dass wir, nach Büffelmist und Schweiss stinkenden „Falang“, mit dieser Familie zusammensitzen dürfen, uns gegenseitig Wörter auf Lao und Englisch beibringen und gemeinsam die Südostasien-Karte betrachten können. Der Vater ist fasziniert von unserer Taschenlampe zum Aufkurbeln. Wir schenken sie ihm kurzerhand, von jeglicher anderen Kompensation will er nichts wissen. So weit im Dschungel gibt es keinen Strom, nur durch eine Batterie und einer Lampe kann am Abend der kleine Raum etwas erhellt werden und sogar ein Bollywood Film auf dem kleinen Fernseher für eine gewisse Zeit lang abgespielt werden. Auf einer Matte auf dem Holzboden übermannt uns dann doch bald der Schlaf, mit all den Urwald-Geräuschen im Hintergrund. Wir hätten wohl kaum so friedlich geschlafen, wenn wir mitten im Wald im Zelt hätten übernachten müssen…!
Die unglaubliche Gastfreundschaft dieser in ärmlichen Verhältnissen lebenden Bauernfamilie geniessen zu dürfen ist für uns ein riesiges Privileg. Am nächsten Morgen gehen wir früh los. Die Familie steht mit dem Hahn auf, der die erhöhte Position auf unserem Motorrad sichtlich geniesst und sie als eine willkommene Gelegenheit für die Stärkung seines Egos als Bühne für seinen morgendlichen Gesang nutzt. Dieses Bild werden wir wohl nie vergessen! :-)
Wir fahren eine kleine Strecke zurück ins nächste Dorf, von wo aus wir auf einer immer besser werdenden Strasse in Richtung Osten auf die Hauptstrasse fahren. Sie führt mitten durch einen Nationalpark, der uns mit seinen kleinen Dörfchen und malerischen Reisfeldern zum Staunen bringt. Vorbei an winkenden Kindern, Wasserbüffelbabys und auf Einachsern die Reisernte einbringende Bauern. Der darauf folgende Weg nach Savannakhet am Mekong ist auf der luxuriös geteerten Strasse kein Problem mehr. In einem Guesthouse können wir unsere Blessuren kurieren, das Motorrad, die Koffer und die Kleider waschen und uns auf neue Abenteuer einstellen.
The Route 13 leads from the South of Laos to the North. It is a well developed, easy to drive, but not so scenic road. Further inland, there is another road, Route 23. This road however turns out to be problematic and it is the reason for our jungle adventure.
We set off on an adventure early on Tuesday morning. The first part of the street is relatively well maintained, some potholes, dust, but not too bad. There is no bridge over the river on our map, so we are curious to see what we will find there: at worst, we would have to turn back. And indeed: When we arrive at the river, we see a bridge, but it’s cut in half. We can see that this will not change anytime soon. A small ferry finally brings us to the other river bank. Our motorcycle gets quite some attention between all the scooters with which people go practically everywhere here, packed with children, luggage and sometimes even with live animals. The advantage of the small scooters is that they are so light... we will be jealous of that a few more times in the next few hours. But more on that later.
For the time being we encounter the first puddles, which - as long as they are not too big and muddy - are not a problem. There are also narrow bridges with no rails, which require a lot of concentration. For Joséphine it’s easy on the back of the motorbike and she starts counting the bridges: by the end of the day there are 25 such bridges that we have crossed.
On these roads we have to slow down a lot. 10-25km per hour, more is simply not possible. Around noon we pass the last larger village, after which only a few houses settle in the ever denser jungle. The road conditions deteriorate. Now entire mud channels have to be crossed, large puddles, small rivers, stony slopes. The motorcycle falls over a few times. To put it back up with all your luggage is a bit tedious. In the afternoon we admit to ourselves that with this speed and the almost insurmountable road sections we will not make it out of the jungle until sunset. We underestimated it. Reversing is no longer an option, it would take about the same amount of time. So we decide to drive to the next house and ask for help. Maybe we can put up our tent there?
But before we can do that, there is a much bigger problem ahead of us: we get stuck in a huge muddy puddle. All the pulling, tugging, underlaying with wood is of no use. The Transalp is stuck, for good this time. When did we pass the last house? We decide to pack a few important things and search for someone who could help us – all the while hoping that by then our motorcycle will not have completely disappeared into the stinking mud. After only about 10 minutes walking, we see a fence and hear cows and chickens. However, as we approach the house, we are held back by a shrill scream that comes from inside the house. A girl stares out of the window for a moment, then it is quiet. Obviously she has never seen a “Falang” (= stranger) like us ... we decide not to go any closer but to turn to someone else.
At the other end of the fence we are greeted by a laughing woman. She has heard the screams and speaks kindly to us in Lao. Using sign language and drawing in the sand, we try to explain our situation to her. But we don’t seem to understand each other. Finally, we ask her with our sparse Lao for some water so that we can go on. With a refilled water bottle we search for the next house. The sun is almost setting.
In front of the fence we eventually meet an old man who brings his water buffaloes home. He must have passed our motorcycle on his way, so he understands us immediately. He tells us to come with him, for a place to sleep and eat. Shortly after, a youngster with his scooter who wants to shoot birds in the forest crosses our way. After a short discussion with the buffalo farmer, he takes Simon on the scooter to help him pull the motorcycle out. Joséphine continues to follow the farmer, who keeps his buffalo together with loud shouting. When darkness falls, Joséphine is finally welcomed by a lovely Lao family. In the simple house on stilts they serve her delicious sticky rice with fish sauce. Meanwhile, Simon has arrived at the Transalp with 3 youngsters, 2 of whom joined on the way. With combined forces, the motorcycle is quickly pulled out of the mud and the luggage is put back on again. The group drives back in the dark, which, thanks to the boys' local knowledge, is achieved with only a few problems. Around 8 p.m. when it is already pitch dark, Simon also reaches the house. An immense gratitude fills us that we are allowed to sit with this family, even though we probably smell like buffalo poo and sweat, teach each other words in Lao and English and look at the Southeast Asia map together. The father is fascinated by our flashlight that has a little crank to recharge it manually. We give it to him, he doesn't want to know about any other compensation. There is no electricity so far in the jungle, only a battery and a lamp can light up the small room in the evening and even a Bollywood film can be played on the small TV for a certain time. We soon fall asleep on a mat on the wooden floor, with all the sounds of the jungle in the background. We could hardly have slept so peacefully if we had had to sleep in a tent in the middle of the forest ...!
To enjoy the incredible hospitality of this poor farming family has been a huge privilege for us. We start early the next morning. The family gets up with the rooster, who clearly enjoys his elevated position on our motorcycle and uses it as a welcome opportunity to strengthen his ego as a stage for his morning singing. We will probably never forget this sight! :-)
We drive a short distance back to the next village, from where we drive east on an ever improving road to the main road. It leads through the middle of a national park, which amazes us with its small villages and picturesque rice fields. Past waving children, water buffalo babies and farmers bringing in the rice harvest on single-axle vehicles. The following route to Savannakhet on the Mekong is no longer a problem on the luxuriously paved road. In a guesthouse we can cure our injuries, wash the motorcycle, the suitcases and the clothes and prepare for new adventures.