header_63

18.08.2013

Serbien und Bosnien

Der Balkan: Mit Serbien und Bosnien-Herzegowina erhalten wir Einblick in die Region, die bei uns heute von Klischees geprägt ist, die aber unglaublich viel zu bieten hat, landschaftlich, kulturell und geschichtlich.

Die letzten farbigen Häuser von Rumänien verschwinden aus unserem Blickfeld, ödes, nur spärlich besiedeltes Grenzgebiet erstreckt sich vor uns. Eine Ansammlung schmuckloser unscheinbarer Barracken mit einem müden Zollbeamten der kaum einen Blick in unsere Pässe wirft. „Welcome to Serbia“ – und dann doch noch ein Lächeln, als wir ihn fragen, was denn „Danke“ auf Serbisch heisst. Ein paar verschlafene Dörfer weiter versuchen wir unser Glück im Geldwechseln, doch wie sieht das Wort Bank schon wieder auf Kyrillisch aus? Zedi, ein waschechter serbischer Biker mit Jeansweste hilft uns weiter und lädt uns auch noch gerade auf einen Kaffee in sein kleines Rolladen-Geschäft ein. Mit verschwörerischer Miene schiebt es uns noch ein paar Päckchen Instant-Kaffee zu – „Kafa dobre“ verspricht er uns und verabschiedet sich mit herzlichem Händedruck, nicht ohne uns vorher noch seine Telefonnummer zu geben. Er kenne „Bikeri“ in jeder noch so abgelegenen Ecke des Balkans – falls also etwas ist, können wir uns jederzeit melden.

Über einem serbischen Bier philosophieren wir über Balkanklischees, die in der Schweiz so alltäglich sind, jedoch nicht oder nur im Ausnahmefall dem entsprechen, was wir hier bisher gesehen haben.

Unsere Zeit in Serbien beschränkt sich auf die Fahrt quer durchs Land, welche nur zwei Tage in Anspruch nimmt. Im Städtchen Valjevo übernachten wir einmal. Über einem serbischen Bier philosophieren wir über Balkanklischees, die in der Schweiz so alltäglich sind, jedoch nicht oder nur im Ausnahmefall dem entsprechen, was wir hier bisher gesehen haben. Auch wir müssen uns eingestehen, dass unser Bild dieser Region doch einigermassen verstaubt ist und dass wir der schwerwiegenden Geschichte im Denken über Europa sträflich vernachlässigt haben. Zeit, das nachzuholen! Besonders Sarajevo, Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina bietet dazu die ideale Plattform.

Durch einen wunderschönen Nationalpark mit dunklem, dichtem Tannenwald fahren wir von Serbien nach Bosnien. Kurz nach der Grenze taucht das erste Minarett auf und auch der Ruf des Muezzins lässt nicht auf sich warten. Fast hatten wir das schon vermisst! Wir besuchen noch kurz Viesegrad mit seiner geschichtsumwobener Brücke (von den Türken gebaut auf einer wichtigen Handelsstrasse und in den 90ern heftig umkämpft) und fahren dann zügig weiter, schliesslich wollen wir noch am Abend in Sarajevo ankommen. Doch holla, wer winkt denn da so wild? Das schlaue Gerätli des Polizisten hat uns erwischt und er winkt uns mit seiner roten Kelle raus. Kommt nun nach 25‘000 km die erste Busse? Ein paar Minuten und einige Diskussionen später mit Hilfe einer bosnisch sprechenden Schweizerin, die just in diesem Moment auch am gleichen Ort gelandet ist (ebenfalls Berner Kennzeichen… und dann sage noch einer, Berner seien langsam!) werden wir weitergeschickt. Glück gehabt!

Bis kurz vor Sarajevo fühlt man sich mitten in der bergigen Natur, dann einmal um die Kurve – da liegt die Stadt und sofort ist man mitten drin. Dank einem Tipp von slowenischen Freunden finden wir einen Homestay auf dem Hügel mit prächtiger Aussicht auf die Stadt. Wir sind froh um diese Möglichkeit, denn die Stadt ist voll – erst beim Hinfahren haben wir erfahren, dass genau an diesem Tag das Sarajevo Film Festival eröffnet wird! So kommen auch wir in den Genuss der Weltpremieren spannender Filme aus dieser Region und nehmen es in Kauf, uns auf dem roten Teppich neben den Stars richtig deplatziert und underdressed zu fühlen. Sarajevo ist heute eine attraktive, pulsierende Hauptstadt mit vielen Touristen, zahlreichen Kaffees und Restaurants sowie einem lauten und vielseitigen Nachtleben. Doch wie erhofft bietet sie auch Gelegenheit, sich mit der Geschichte einer Region auseinanderzusetzen, die, wie wir vermuten, vor allem für unsere Generation viel zu wenig Gewicht hat. Für Nachrichten im Fernseher und Radio über die Kriegsgeschehnisse in der Mitte der 90er Jahre waren wir damals zu klein, um die Situation zu verstehen. Von den Flüchtlingskindern in unseren Schulklassen wussten wir zwar, dass sie „den Krieg“ erlebt haben – doch dieser blieb immer diffus, wir erinnern uns nicht daran, jemals im Geschichtsunterricht mehr darüber erfahren zu haben.

In Sarajevo zeugen zahlreiche noch heute vorhandene Einschusslöcher, neu errichtete Gedenkstätten, Museen und Ausstellungen an die Geschehnisse. Sie sind ein kleiner, wenn auch wichtiger Kratzer an der sichtbaren Oberfläche der Geschichte, unter der sich noch so viel mehr verbirgt, das die Menschen in dieser Region bis heute bewegt und beeinflusst.

Wir freuen uns darauf, in den noch folgenden Ländern mehr über Geschichte und Kultur des Balkans zu erfahren und so ein paar peinliche Lücken in unserem Allgemeinwissen zu füllen.

Serbia and Bosnia

The Balkans: With Serbia and Bosnia-Herzegovina we get an insight into the region, which is characterized by clichés today, but which has an incredible amount to offer in terms of landscape, culture and history.

The last colored houses in Romania disappear, barren, sparsely populated border area extends in front of us. A collection of unadorned inconspicuous barracks with a tired customs officer who barely takes a look at our passports. “Welcome to Serbia” - and then a smile when we ask him what “thank you” means in Serbian. A few sleepy villages further on we try our luck changing money, but what does the word bank look like in Cyrillic again? Zedi, a genuine Serbian biker in a denim vest, helps us out and invites us to his little shop for a coffee. With a conspiratorial expression, he pushes a few more packets of instant coffee toward us - he promises us "Kafa dobre" and says goodbye with a warm handshake and handing us his phone number. He knows “Bikeri” in every corner of the Balkans, no matter how remote - so if something is wrong, we can contact him at any time.

Over a Serbian beer, we think about Balkan clichés, which are so common in Switzerland, but do not or only in exceptional cases correspond to what we have seen here so far.

Our time in Serbia is limited to the drive across the country, which only takes two days. We spend the night in the town of Valjevo. Over a Serbian beer we think about Balkan clichés, which are so common in Switzerland, but do not or only in exceptional cases correspond to what we have seen here so far. We too have to admit that our image of this region is somewhat dusty and that we have greatly neglected the difficult history in our thinking about Europe. Time to catch up on that! Sarajevo, the capital of Bosnia-Herzegovina, offers the ideal platform for this.

We drive from Serbia to Bosnia through a beautiful national park with a dark, dense fir forest. The first minaret appears shortly after the border and the call of the muezzin is not long in coming. We had almost missed that! We briefly visit Viesegrad with its bridge steeped in history (built by the Turks on an important trade route and fiercely fought over in the 90s) and then drive on quickly, as we want to arrive in Sarajevo in the evening. But hey, who is waving his hands so wildly in the middle of the street? The policeman's clever device caught us and he waves us out with his red trowel. Will we now get fined for the first time after 25,000 km? A few minutes and a few discussions later with the help of a Bosnian-speaking Swiss woman who just landed at the same place (also Bernese license plates ... let someone say that the Bernese are slow!) we are sent off. Lucky us!

Until shortly before Sarajevo we feel like in the middle of the mountainous nature, then after another bend of the street the city suddenly appears and we are right in the middle of it. Thanks to the advice from Slovenian friends, we find a homestay on the hill with a magnificent view of the city. We are happy to have this opportunity, because the city is full - only when we drove here did we find out that the Sarajevo Film Festival is opening on that very day! So we too can enjoy the world premieres of exciting films from this region and accept to feel really out of place and underdressed on the red carpet next to the stars. Today Sarajevo is an attractive, pulsating capital with many tourists, numerous cafes and restaurants as well as a loud and competitive night life. But as hoped, it also offers an opportunity to deal with the history of a region which, as we suspect, has far too little weight, especially for our generation. We were too small to understand the situation that was talked about on television and radio about the events of the war in the mid-1990s. We knew of the refugee children in our school classes that they had experienced "the war" - but it was always vague, we do not remember ever having learned more about it in history class.In Sarajevo, numerous bullet holes, newly erected memorials, museums and exhibitions testify to the events. They are a small, albeit important, scratch on the visible surface of history, under which so much more is hidden that moves and influences the people in this region to this day.

We look forward to learning more about the history and culture of the Balkans in the following countries and thus filling some embarrassing gaps in our general knowledge.

logo small
01
02
03
04
05
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
logo small
play
←   zurück ←   back
nav_left_icon
↑   nach oben   ↑ ↑   to top   ↑
nav_up_icon
weiter   → next   →
nav_right_icon