25.08.2015
Warum wir uns im zentralen Hochland von Mexiko wie Wühlmäuse fühlen, wie uns die Polizei begegnet und welche Fragen wir uns in den Kolonialbauten stellen - das lest ihr in diesem Bericht.
Durch die blauen Agavenfelder, aus denen der hier berühmt-berüchtigte Tequila gemacht wird (wir passieren auch die gleichnamige Stadt „Tequila“) fahren wir Richtung Guanajuato. Das besondere an dieser Stadt ist, dass sie an die umliegenden Hügel gebaut ist und jedes ihrer Häuser eine andere Farbe hat. Ein farbiges Mosaik zieht sich über viele Hügel hin. Als wir näherkommen ahnen wir bereits, dass es schwierig sein wird, hier im Gewirr der Gassen zu navigieren. Und die Herausforderung wird noch grösser, als wir feststellen, dass praktisch der gesamte Verkehr unterirdisch verläuft: Wo früher ein Fluss durchfloss, windet sich heute ein ganzes Kanalsystem an Strassen unterirdisch unter der Stadt hindurch. Für Guanajuato, welches dadurch zu einem grossen Teil verkehrsfrei ist, zwar sehr schön, doch für uns umso schwieriger. Wir fühlen uns ein wenig wie Wühlmäuse, als wir in den ersten stockdunklen Tunnel verschwinden. Mit dem Unterschied, dass wir keine Ahnung haben, in welche Richtung uns dieser führt. Unser sonst zuverlässiges GPS: nutzlos. Rechts - links - wir entscheiden eher gefühlsmässig, welchen der dunklen Einbahn-Verzweigungen wir folgen sollen. Ab und zu führt die Strasse kurzzeitig zurück ans Tageslicht - was, hier sind wir? -, nur um alsbald wieder untertags zu verschwinden. Das geplante Guesthouse zu finden stellt sich als unmöglich heraus. So quartieren wir uns im nächstbesten Hotel ein (eine Herausforderung auch, eines zu finden mit einem Parkplatz) und investieren für einmal etwas mehr in die Unterkunft. Doch wir geniessen es dann dafür, eine eigene kleine Terrasse zu haben, mit Blick über das farbige Häusermeer. Zu Fuss ist es entscheidend einfacher, sich zu orientieren. So erwandern wir die Hügel, streunen durch Gassen und staunen über die immer wieder auftauchenden Plazas. Eine wirklilch schöne und äusserst fotogene Stadt! Nicht umsonst gilt sie als UNESCO Weltkulturerbe.
Während der Fahrt über Land fällt uns immer wieder die äusserst hohe Polizei- und Militärpräsenz auf. Nicht selten stehen 5-10 Polizeiautos am Strassenrand, mit Blaulicht und bis auf die Zähne bewaffneten Polizisten. Ob die Kontrollen eher stichprobenmässig oder auf einen heissen Tipp hin durchgeführt werden, haben wir bisher nicht herausgefunden. Meist werden wir durchgewunken und bisher nur einmal kontrolliert. Dies aber sehr professionell, höflich, mit persönlichem Händedruck und guten Wünschen für die Reise. Wir sind uns aber bewusst, dass dies nicht immer so ist. So wurde beispielsweise vor einigen Jahren in Veracruz die gesamte Polizei ausgewechselt, da sie scheinbar so stark vom lokalen Drogenkartell unterwandert war.
Das nervenaufreibendste auf der Strasse ist für uns also nicht die Polizei, sondern etwas anderes: Gefühlt alle 10 Meter haben Schlauköpfe sogenannte „Reductores de velocidad“ hinbetoniert. Solche „Entschleuniger“ sind sicher in Wohnquartieren mit Kindern oder am Anfang eines Dorfeingangs nichts Schlechtes. Doch in diesen Massen und vor allem in dieser Höhe, aufgrund deren jedes Fahrzeug seine Geschwindigkeit auf weniger als Schritttempo drosseln muss, sind sie schlicht ein Verkehrshindernis. Dazu kommt, dass das ständige Anhalten und wieder Gas geben für die Ökobilanz auch nicht gerade vorteilhaft ist und man vor lauter Konzentration auf das Manöver meist den Rest der Strasse für einen Moment aus den Augen verliert. Nicht gerade der Sinn und Zweck!
Wir fahren weiter nach Morelia, eine wunderschöne, lebhafte Studentenstadt. Hier legen wir zuerst einen Ruhetag ein. Für uns heisst das: Ausschlafen, einmal gemütlich durch die Stadt schlendern, mit diversen Leuten skypen (telefonieren), Nachrichten lesen, Tagebuch schreiben. Erst am zweiten Tag machen wir uns auf, die Stadt zu entdecken. Sie hat so viel zu bieten, dass man wohl Wochen hier verbringen könnte. Ein 5 km langes Äquadukt, das früher Wasser in die Stadt brachte, ist eines ihrer Wahrzeichen. Daneben sind wir beeindruckt von der alten Universitätsbibliothek, wo die Bücher bis zur Decke reichen. Und natürlich die Kirchen, deren Dichte auf engstem Raum früher wohl ein Zeichen des Eifers der spanischen Missionare war, und die heute auch eindrücklich die Religiosität der Mexikaner zeigen. Und dies, obwohl ihnen diese vor rund 500 Jahren von den Spaniern „anerzogen“ wurde. Besonders auf dem Land fällt uns auf, dass um die Mittagszeit ganze Strassenzüge zuparkiert sind und sich die Leute in der Mittagsmesse regelrecht auf den Füssen herumstehen. Während wir durch die Kolonialbauten schlendern, welche zwar sehr schön sind, aber halt doch auch aus dieser Zeit der Unterdrückung stammen, fragen wir uns: Wie würden die Strassen heute aussehen, wenn die Spanier nie hierhin gekommen wären? Welche Kulturschätze und historischen Bauten würden wir dann heute bestaunen? Und welche indigenen Völker würden vielleicht dann heute noch bestehen?
Einen Teil dieser Fragen werden wir nach unserer nächsten Etappe beantworten können, in der wir alte Kulturstätten der Talteken und Azteken besuchen.
Why we feel like voles in the central highlands of Mexico, how the police treats us and what questions we ask ourselves in the colonial buildings – all that and more you can read in this blogpost.
We drive towards Guanajuato through the blue agave fields from which the infamous tequila is made here (we also pass the town of the same name, "Tequila"). The special thing about this city is that it is built on the surrounding hills and each of its houses has a different color. A colorful mosaic extends over many hills. As we get closer, we already suspect that it will be difficult to navigate here in the maze of alleys. And the challenge becomes even greater when we realize that practically all traffic runs underground: where a river once flowed through it, today a whole system of canals meanders through the streets below the city. For Guanajuato, which subsequently is largely free of traffic, this is very nice, but for us, it is an additional difficulty. We feel a little like voles when we disappear into the first pitch-dark tunnel. With the difference that we have no idea in which direction this is leading us. Our otherwise reliable GPS: useless. Right - left - we decide randomly which of the dark one-way streets to follow. Every now and then the road briefly leads back to daylight - what, here we are? - only to disappear again soon. Finding the planned guesthouse turns out to be impossible. So we stay in the next best hotel (also a challenge to find one with a parking space) and invest a little more in the accommodation for once. But then we enjoy having our own little terrace with a view over the colorful sea of houses. It turns out to be much easier to find our way around on foot. So we hike the hills, stroll through alleys and marvel at the plazas that keep popping up. A really beautiful and extremely photogenic city! It is not for nothing that it is a UNESCO World Heritage Site.
During the drive overland, we notice the extremely high police and military presence again and again. It is not uncommon for 5-10 police cars to be parked on the roadside, with flashing lights and police officers armed to the teeth. We have not yet found out whether the controls are carried out on a random basis or on a hot tip. Usually we are waved through and so far only checked once, very professionally, politely, with a personal handshake and good wishes for the trip. We are aware, however, that this is not always the case. For example, a few years ago in Veracruz, the entire police force had to be changed out because they were apparently so deeply infiltrated by the local drug cartel.
So the most nerve-wracking thing on the street for us is not the police, but something else: Some smarty pants built so-called “Reductores de velocidad” every few meters. Such “decelerators” are certainly not a bad thing in residential areas with children or at the beginning of a village entrance. But in these masses and above all at this height, because of which every vehicle has to reduce its speed to less than walking pace, they are simply a traffic obstacle. In addition, constantly stopping and accelerating again is not exactly beneficial for the ecological footprint and you usually lose sight of the rest of the road for a moment because of the concentration on the maneuver. Not exactly the purpose!
We continue to Morelia, a beautiful, lively student town. Here we first spend a day of rest. For us, that means: Sleeping in, strolling through the city, talking with our family and friends over skype, reading the news, writing diary. Only on the second day do we set out to discover the city. It has so much to offer that you could probably spend weeks here. A 5 km long aquaduct that used to bring water to the city is one of its landmarks. We are also impressed by the old university library, where the books reach the ceiling. And of course the churches, the density of which in a confined space used to be a sign of the zeal of the Spanish missionaries, and which today also impressively show the religiosity of the Mexicans. And this despite the fact that this was “taught” to them by the Spaniards around 500 years ago. In the countryside in particular, we notice that entire streets are parked at lunchtime and that people are literally stepping on each others toes at midday mass. While we stroll through the colonial buildings, which are very beautiful, but also from this time of oppression, we ask ourselves: What would the streets look like today if the Spaniards had never come here? Which cultural treasures and historical buildings would we marvel at today? And which indigenous peoples would perhaps still exist today?
We will be able to answer some of these questions after our next stage, in which we visit ancient cultural sites of the Taltec and Aztecs.