09.04.2013
So genau nehmen wir es mit der Reihenfolge der Jahreszeiten schon lange nicht mehr. So ist es auch nicht verwunderlich, dass wir bei unserer Rückkehr nach Indien zuerst im Sommer landen und dann direkt in den Frühling fahren – nach Manali.
Die letzte Strecke in Nepal, mitten durch den Nationalpark und danach durch bewirtschaftete Felder, lässt uns doch ein wenig wehmütig werden. Wieder ein Land mehr, das wir vermissen werden. Viel Zeit für Abschiedsgedanken bleibt jedoch nicht, denn die Grenze zu Indien taucht unweigerlich auf. Wieder einmal sind uns die Beamten wohlgesinnt und bald befinden wir uns zum zweiten Mal auf unserer Reise im Riesenland Indien. „One day you love it – one day you hate it“ – wie uns ein weiser Australier mal seine Hassliebe zu Indien anvertraut hat, erleben wir es auch. Auf die ersten beiden Tage in Indien trifft eher die zweite Aussage zu. Überdimensionierte Containertransporter auf den Strassen, aggressives Verkehrsverhalten, Abgase und die sengende Sonne nehmen uns die Freude. Dahingegen geniessen wir die Landsträsschen doppelt, die sich teilweise als erholsame Abkürzungen anbieten. Frische Luft, zwitschernde Vögel, hauptsächlich Pferdefuhrwerke und vor allem: keine Lastwagen – da nehmen wir Staub und Steine gerne in Kauf.
Den zweiten platten Hinterreifen unserer Reise fangen wir uns am ersten Tag in Indien ein: Beim Ausweichen an den Strassenrand fahren wir uns einen grossen Nagel ein. Prompt in dem Moment, als wir uns des Vorfalls bewusst werden, taucht linkerhand auch bereits eine Werkstatt auf. Noch 2m schieben und unsere Transalp ist in den besten Mechaniker-Händen. Wunderbar! Dass wir beim Warten mit herrlichem Chai-Tee und Snacks versorgt werden, ist hier selbstverständlich. Wir freuen uns über die erneut sehr guten Erfahrungen, auch wenn uns zeitenweise die Aufmerksamkeit der rund 20 Männer etwas zu viel wird, die uns und unser Motorrad bestaunen und fotografieren. Mit geflicktem Reifen und kurzerhand neu zusammengeschweisstem Kofferträger geht’s weiter.
Nach einer Zwischenübernachtung in Kashipur erreichen wir Rishikesh, die Yoga-Stadt, der Ort der spirituell Suchenden. Es fällt uns schwer, die Stadt und ihre Aktivitäten zu verstehen und so schlendern wir dann auch eher etwas verwundert staunend durch die Strassen. Badende im heiligen Fluss Ganges, Gesänge, viele Pilgerer (Sadhus) prägen das Stadtbild. Dass sich die Kühe, Indiens heiligen Tiere, hauptsächlich von säuerlich stinkenden Abfallbergen ernähren, überzeugt uns nicht wirklich vom indischen Heiligkeitsbegriff. Fast ein wenig erleichtert fahren wir am nächsten Tag weiter nach Shimla. Der „Highway“ erweist sich als weitgehend ungeteerte, bucklige und sehr kurvige Strasse. Doch die Aussicht auf das Tal belohnt uns für die Strapazen. Dazu kommen die merklich angenehmeren Temperaturen, je näher wir den Bergen kommen. Schneller als erwartet erreichen wir das Bergstädtchen Shimla, welches insbesondere bei indischen Touristen sehr beliebt ist. Da der ganze Ort autofrei ist, beschränkt sich unsere Hotelauswahl auf ein paar wenige, wir nehmen, was es gibt. Den Abend geniessen wir in den belebten Gässchen wo wir auch herrliche Dosa Masala geniessen, eines unserer indischen Lieblingsessen (eine Art Linsenomelette gefüllt mit Masala-Gemüse). Eng am Hügel anliegend erinnert uns Shimla stark an Darjeeling, wo wir vor gut 1 Monat waren.
Am nächsten Tag geht’s bereits weiter nach Manali, wo wir ein paar Tage Pause eingeplant haben, schliesslich sind wir vom Nationalpark in Nepal bis hierher rund 1000 km gefahren! In diesem indischen Wintersportort hat der Frühling Einzug gehalten. Apfelbäume in voller Blüte strahlen mit den noch schneebedeckten Bergen am Horizont um die Wette. An der Sonne ist es angenehm warm, in der Nacht wird es jedoch noch empfindlich kalt. Wie gut, dass unser Zimmer im Guesthouse einen offenen Kamin besitzt…! Ein gemütliches Picknick mit indischem Bergkäse sowie indischem Rotwein vor dem knisternden Feuer - was wünscht man sich mehr. Gemeinsam schmieden wir Pläne für unsere weitere Reise, denn einige Veränderungen haben sich ergeben – im Kleinen, wie auch im Grossen.
Unser nächstes Ziel wäre Leh gewesen, eine Stadt noch weiter nördlich und noch höher in den Bergen. Leider haben wir hier erfahren, dass die einzige Strasse zu dieser Stadt erst im Mai geöffnet wird. Solche kleine Routenänderungen bereiten uns kein Kopfzerbrechen, Reisen macht flexibel. Doch auf weitere Sicht müssen wir Abstriche machen, die uns mehr schmerzen: Schweren Herzens streichen wir Turkmenistan und Usbekistan von unserer Reiseroute. Die letzte Verschiffung von Bangkok nach Kalkutta hat uns gelehrt, dass wir mehr Zeit dafür einberechnen müssen, als uns lieb ist. Bei der vorgängigen Planung waren uns die 2-3 Wochen Verschiffen von Mumbai nach Bandar Abbas (Iran) nicht bewusst. So fehlen uns nun diese Wochen, die schwer wieder aufzuholen sind. Zudem stehen unsere Chancen höher, ein Visum für den Iran zu erhalten, wenn wir nur einmal statt zweimal einreisen wollen. Diese zwei gewichtigen Gründe bewegen uns dazu, nach dem Iran direkt in die Türkei zu reisen, ohne den Abstecher nach Turkmenistan und Usbekistan. Positiv an dem Ganzen ist, dass wir nun nur noch 1 Visum brauchen (Iran) und dass wir in Osteuropa weniger Zeitdruck haben werden.
Statt vom Frühling in Manali das Zeitrad zurückzudrehen und in den Winter zu fahren, läuft also ungeplanterweise mal alles nach Plan: Nach dem Frühling kommt wieder der Sommer. So werden wir uns nach einigen Tagen in Daramsala und Amritsar weiter westlich in rund zwei Wochen in Richtung Delhi aufmachen.
We have become really flexible with the seasons by now. Therefore it is not surprising that when we return to India we first start in summer and then go straight to spring - to Manali.
The last stretch in Nepal, first through the national park and then through cultivated fields, makes us feel a little bit sad and nostalgic. Another country that we will miss. However, there is not much time for farewell thoughts, because the border to India inevitably appears. Once again the officials are well-disposed towards us and soon we find ourselves on our journey to India for the second time. “One day you love it - one day you hate it” - as a wise Australian once confided his love-hate relationship to India, we also experience it. The second statement tends to apply to the first two days in India. Oversized container transporters on the streets, aggressive traffic behavior, exhaust gases and the scorching sun take our joy away. And then again, we get to enjoy the country roads: Fresh air, chirping birds, mainly horse-drawn carts and above all: no trucks – for that price we happily accept a less developed road.
We experience the second flat rear tire of our trip on the first day in India: When we turn to the side of the road, we drive over a big nail. As soon as we become aware of the incident, a mechanics workshop already appears on the left. We push the bike another 2m and our Transalp is in the best mechanic hands. How lucky! It goes without saying that we are provided with wonderful chai tea and snacks while we wait. We are happy about the very good experiences again, even if the attention of the 20 or so men who marvel at us and our motorcycle and take photos is a bit too much for us at times. With the tire repaired and the pannier rack welded together without further ado, we continue our journey.
After an overnight stay in Kashipur, we reach Rishikesh, the yoga city, the place of the spiritual seekers. It is difficult for us to understand the city and its activities and so we stroll through the streets in amazement. Bathers in the holy river Ganges, chants, many pilgrims (sadhus) characterize the cityscape. The fact that the cows, India's sacred animals, feed mainly on sour, stinking mountains of rubbish doesn't really convince us of the Indian concept of holiness. Almost a little relieved, we continue to Shimla the next day. The "Highway" turns out to be a largely unpaved, bumpy and very curvy road. But the view of the valley rewards us for the exertion. Then there are the noticeably more pleasant temperatures the closer we get to the mountains. Faster than expected we reach the mountain town of Shimla, which is particularly popular with Indian tourists. Since the whole place is car-free, our hotel selection is limited to a few, we take what is available. We enjoy the evening in the lively alleyways where we also enjoy a wonderful dosa masala, one of our favorite Indian dishes (a kind of lentil omelette filled with masala vegetables). In close vicinity to the majestic mountains, Shimla strongly reminds us of Darjeeling, where we were just over a month ago.
The next day we continue to Manali, where we have planned a few days break, after all, we drove around 1000 km from the national park in Nepal to here! Spring has arrived in this Indian winter sports resort. Apple trees in full bloom compete with the snow-capped mountains on the horizon for our attention. It is pleasantly warm in the sun, but it is still very cold at night. How good that our room in the guesthouse has an open fireplace ...! A cozy picnic with Indian mountain cheese and Indian red wine in front of the crackling fire - what more could you ask for? Together we make plans for our further trip, because some changes have occurred - on a small as well as large scale.
Our next destination would have been Leh, a town even further north and even higher in the mountains. Unfortunately we learned here that the only road to this city will only open in May. Such small route changes do not cause us any headaches, travel makes you flexible. But in the longer term we have to make cuts that hurt us more: With a heavy heart we delete Turkmenistan and Uzbekistan from our travel route. The last shipment from Bangkok to Calcutta taught us that we have to allow for more time than we'd like for transportation. In the previous planning, we were not aware of the 2-3 weeks shipping from Mumbai to Bandar Abbas (Iran). So now we are missing those weeks that are difficult to catch up. In addition, our chances of getting a visa for Iran are higher if we only want to enter once instead of twice. These two reasons convince us that it is better to travel directly to Turkey after Iran, without the detour to Turkmenistan and Uzbekistan. The positive thing about it is that we now only need a one entry visa for Iran and that we will have less time pressure in Eastern Europe.
Instead of turning back the time wheel from spring in Manali and driving into winter, everything goes according to plan, unplanned: After spring comes summer again. So after a few days in Daramsala and Amritsar we will set off further west in about two weeks towards Delhi.