header_57

25.07.2013

Türkei: Vor den Toren Europas

Lauf der Länder, Lauf der Zeit: Unser 13. Land wird auch den Übergang zu Europa markieren – doch vorerst sind wir noch in Asien, genauer genommen in Anatolien, im Osten der Türkei. Herzliche Gastfreundschaft, eine für uns oftmals herzig klingende Sprache und erneut atemberaubende Natur erwarten uns.

Am Samstag satteln wir unser zeitenweise etwas störrisches grünes Eselchen. Ein letztes wehmütiges Winken noch, dann werden uns die Tore in ein neues Land geöffnet: Anatolien empfängt uns mit sanften, grünen Hügeln, mit plätschernden Bächen und Häusern, deren Wellblechdächer von weitem wie Zelte aussehen. Auch wenn uns die Landschaft noch stark an den Iran erinnert, bringt der Länderwechsel unweigerlich Änderungen mit sich: Die Schrift ist nun für uns wieder lesbar, der Hijab (Kopftuch) ist nicht mehr staatlich verordnet und darf somit abgelegt werden, der Benzinpreis nimmt um das gut Zwölffache zu (von 20 Rappen auf sagenhafte 2.50.-/Liter…!), die Zeit verschiebt sich um 1.5 Stunden. Letzteres hat vor allem die gute Folge, dass hier das Fastenbrechen während dem Ramadan bereits kurz nach 19 Uhr stattfindet, nicht wie im Iran erst nach 21 Uhr.

Von der mächtigen Stadtmauer aus sieht man den Tigris, der sich durch die Landschaft schlängelt.

Van ist die erste Station, wo wir uns an die neue Kultur und Sprache akklimatisieren und die lokale Küche geniessen. Nach kurzem Aufenthalt fahren wir weiter nach Diyarbakir, weiter westlich, wo wir uns direkt neben dem Hotel Sürmeli einquartieren. Von der mächtigen Stadtmauer aus sieht man den Tigris, der sich durch die Landschaft schlängelt. Auf dem Weg durch die Altstadt werden wir vom Kuaför in seinem kleinen Salonu Kuaförü zu einem Çai (türkischer Tee) eingeladen, das Geschäft scheint ruhig und der junge Mann froh um Abwechslung. Auffallend ist die Abwesenheit der Frauen. Das Rätsel löst sich, als wir durch ein Wohngebiet spazieren: hier sind sie, in den Hinterhöfen mit der Wäsche beschäftigt oder vor den bunten Haustüren sitzend, plaudernd oder stickend, ab und zu die Kinder scheltend, von denen es viele hat und die immerzu etwas auszuhecken scheinen. Die vorwitzigsten unter ihnen tragen uns ihr Sätzchen vor: „What’s your name? My name is…“, um gleich darauf die offene Hand hinzuhalten mit der Aufforderung „Money!“, in der Hoffnung, die variierende Überraschung oder Amüsiertheit der ahnungslosen Touristen in bare Münze umwandeln zu können.

Eine ganze Serie an kontrovers diskutierten Stauseen prägt die Landkarte der Türkei – Wassermassen, die zwar einerseits Strom produzieren, andererseits aber auch immer wieder ganze Dörfer zur Umsiedlung zwingen (beim „Südostanatolien-Projekt“ alleine sind es 90‘000 Menschen) und erhebliche Folgen fürs Ökosystem mit sich bringen. Auf unserem Weg zur nächsten Station müssen wir den Euphrat überqueren, der an dieser Stelle gestaut wird. Bis die grosse Brücke fertiggebaut ist, auf der einst die Autos und Lastwagen fahren sollen, schippert einem die alte Fähre über den tiefblauen See. Wir stellen uns hinten in die Kolonne und schaffen es gerade noch als letztes Fahrzeug auf das Feribot. Gemächlich setzen wir ans andere Ufer über. Von dort aus ist es nicht mehr weit bis das erste Schild erscheint, das uns den Weg weisen soll: „Garden Camping“. Der ebenfalls darauf vermerkte Swimmingpool weckt aufgrund der gestiegenen Temperaturen freudige Erwartung. Und diese wird nicht enttäuscht!

Der meerblaue grosse Pool, der stets mit frischem Quellwasser aus den Bergen versorgt wird und folglich nur gerade etwa 14° C warm/kalt ist, rückt als erstes in unser Blickfeld. Unter den schattenspendenden Granatapfelbäumen liegen lauschige Plätzchen zum Zelten, das Zirpen der Grillen und das Plätschern des Wassers ist das einzige vernehmbare Geräusch, wir sind die einzigen Gäste. Keine Frage, dass wir hier nicht nur eine, sondern gleich zwei Nächte verbringen! So bleibt neben süssem Nichtstun, Sitzen und Denken auch noch genug Zeit, den nahegelegenen Nemrut Daği zu besuchen, ein Gipfel auf 2150 m.ü.M. Seine Höhe und die kühleren Temperaturen sind nicht der einzige Grund, hierher zu kommen. Ein König aus vorrömischer Zeit liess einst kolossale Abbilder seiner selbst und der Götter aus den Felsen hauen. Der Lauf der Zeit und diverse Erdbeben in der Region haben die mächtigen Köpfe gestürzt und sie liegen nun als Demonstration der Fragilität der Macht auf dem ganzen Gipfel verstreut herum. Was den König von einst wohl in hysterische Schreikrämpfe ausbrechen liesse, finden wir heute noch ganz fotogen, besonders im warmen Licht der untergehenden Sonne. Leider wurde mit den steinernen Köpfen von damals nicht auch das gefährliche Spiel mit der Macht gestürzt, zu dem unsere Gedanken unweigerlich wandern, wenn wir unseren Blick gegen das nur gerade etwa 100 km entfernt liegende Syrien richten.

Turkey: At the Gates of Europe

As we pass country after country, the time passes with us. Our 13th country also marks the transition to Europe - but for the time being we are still in Asia, more precisely in Anatolia, in eastern Turkey. Warm hospitality, a language that oftentimes sounds very cute to us and breathtaking nature wait for us again.

On Saturday we saddle up our sometimes stubborn green donkey. One last wistful wave, then the gates to a new country open for us: Anatolia welcomes us with gentle, green hills, with babbling brooks and houses whose corrugated iron roofs look like tents from afar. Even if the landscape reminds us strongly of Iran, the change of country inevitably brings changes: The writing is now readable for us again, the hijab (headscarf) is no longer prescribed by the state and can therefore be removed, the price of gasoline increases twelve times as much (from 20 cents to an incredible 2.50 .- / liter ...!), the time shifts by 1.5 hours. The latter has the good consequence that the fasting during Ramadan takes place already shortly after 7 p.m., not only after 9 p.m. as in Iran.

From the mighty city wall you can see the Tigris, which meanders through the landscape.

Van is the first stop where we get used to the new culture and language and enjoy the local cuisine. After a short stay, we continue to Diyarbakir, further west, where we are quartered right next to the Hotel Sürmeli. From the mighty city wall you can see the Tigris, which meanders through the landscape. On the way through the old town we are invited by the Kuaför to a Çai (Turkish tea) in his small Salonu Kuaförü. The business seems calm and the young man is happy about a change. The absence of women is striking. The mistery is solved as we walk through a residential area: here they are, busy with laundry in the backyards or sitting in front of the colorful front doors, chatting or embroidering, now and then scolding the children, who seem to be everywhere, always up for a little joke or two. The most cheeky among them tell us their line: "What's your name? My name is ... ", only to hold out the open hand with the request" Money! "In the hope of being able to convert the varying surprise or amusement of the unsuspecting tourists into some pocket money.

A whole series of controversially discussed reservoirs characterize the map of Turkey - masses of water that produce electricity on the one hand, but also repeatedly forced entire villages to resettle (in the "Southeast Anatolia Project" alone there are 90,000 people resettled) and have significant consequences for the ecosystem. On our way to the next station we have to cross the Euphrates, which is dammed at this point. Until the big bridge, on which the cars and trucks are supposed to drive, is finished, the old ferry brings us across the deep blue lake. We stand in the back of the column and just make it onto the Feribot as the last vehicle. We leisurely cross over to the other bank. From there it is not far until the first sign appears, which should show us the way: "Garden Camping". The swimming pool, which is also noted on it, arouses joyful anticipation due to the increased temperatures. And our hopes are not disappointed!

The large, sea-blue pool, which is always supplied with fresh spring water from the mountains and is therefore only around 14 ° C warm / cold, is the first thing that comes into sight. Under the shady pomegranate trees there are secluded spots for camping, the chirping of the crickets and the splashing of the water is the only audible noise, we are the only guests. There is no question that we will spend not just one, but two nights here! In addition to sweet idleness, sitting and thinking, there is still enough time to visit the nearby Nemrut Daği, a summit at 2150 meters above sea level. Its altitude and cooler temperatures aren't the only reason to come here. A king from pre-Roman times had colossal images of himself and the gods carved out of rock. The passage of time and various earthquakes in the region have toppled the mighty heads and they are now scattered around the summit as a demonstration of the fragility of power. What would probably make the king of yore break out into hysterical screaming, still looks quite photogenic today, especially in the warm light of the setting sun. Unfortunately, the stony heads of that time did not overthrow the dangerous game with power of today, to which our thoughts inevitably wander when we turn our gaze to Syria, which is only about 100 km away.

logo small
01
02
03
04
05
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
logo small
play
←   zurück ←   back
nav_left_icon
↑   nach oben   ↑ ↑   to top   ↑
nav_up_icon
weiter   → next   →
nav_right_icon